Der Zweite Weltkrieg nimmt seinen Lauf, und das DRK wird als Hilfsorganisation der Wehrmacht herangezogen.
Es geht etwas vor in Deutschland: Im Sommer 1939 werden Rotkreuzhelfer im ganzen Reich in der Landwirtschaft eingesetzt, um die Ernte vorzeitig einzubringen. Am 22. August wird das Personal für den Luftschutzsanitätsdienst in Alarmbereitschaft versetzt. Zwei Tage später ordnet das DRK-Präsidium an, alles zu veranlassen, damit "die von der Wehrmacht gestellten Aufgaben" unverzüglich erfüllt werden können. Mit dem Überfall auf Polen am 1. September beginnt dann der Zweite Weltkrieg. Noch am selben Tag verkündet Ernst Robert Grawitz, der geschäftsführende Präsident des DRK: "Die Stunde, dem Schirmherrn des Deutschen Roten Kreuzes den Dank durch die Tat abzutragen, ist gekommen."
Trotz all der Gefechtsübungen und Strukturreformen der vergangenen Jahre, und trotz eines militärisch klar unterlegenen Gegners - der Ernstfall droht für die Sanitätseinheiten ein Debakel zu werden. Es sind viel zu wenig Berufsschwestern verfügbar und die Sanitätskolonnen können ihre Aufgaben in der Heimat kaum mehr erfüllen, da ein Großteil der Männer eingezogen worden ist. Die Zahl der Gefallenen ist schmerzlich hoch - die Schätzungen schwanken zwischen 15.000 und 50.000 allein auf deutscher Seite - und obwohl der Feldzug in Polen nur sechs Wochen dauert, werden tausende von Soldaten versprengt und vermisst. Das Rote Kreuz richtet landesweit Nachforschungsstellen ein. Sie können als direkte Vorläufer des Suchdienstes angesehen werden.
Zehntausende von Frauen lassen sich nun im Schnellverfahren als Rotkreuzhelferinnen schulen. Kaum jemand sieht zu diesem Zeitpunkt voraus, dass der Krieg fast sechs Jahre dauern und mit der völligen Zerstörung Deutschlands und weiter Teile Europas enden wird.